Kulturfahrt ins "Nasse Dreieick"
Am 30.06. und 01.07.2011
Am Donnerstagmorgen, dem 30. Juni 2011 starteten wir – Wolfgang Wahrenburg, Bernd Bruns und Horst Knoke – in Wolfgangs Pkw in Richtung Norden, um vor der Ruder-Wanderfahrt auf der Oste im Nassen Dreieck zwischen Elbe und Weser „etwas in Kultur zu machen“, wie wir es auch schon in früheren Jahren jeweils vor den Wanderfahrten gehalten hatten. Unser erstes Ziel war Buxtehude, die alte Stadt an der Este, die auf eine alte Wasserfestung zurückgeht, mit der einst der Erzbischof von Bremen sein Territorium gegen das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg schützen wollte. 1328 wurde dem Ort das Stader Stadtrecht verliehen. Der einst große Hafen und der Durchgangsverkehr ließen die Bürger reich werden, wovon heute noch reich verzierte Häuser künden. Sehenswert sind die Kirche St. Petri und die Lateinschule, beide aus dem 14. Jahrhundert sowie die Straßenzüge beiderseits des alten Hafens und der Fleete. Wer kennt nicht die Geschichte vom Wettlauf des Hasen mit dem Igel auf der Buxtehuder Heide – Buxtehude hat sie in einem Denkmal festgehalten. Ein weiteres Denkmal, das Bernd besonders begeisterte, ist dem bedeutenden Magister Gerhard Halepaghe gewidmet, der in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts lebte, Priester an St. Petri war und großen Einfluss in der Kirche der Niederelberegion hatte.
Weiter ging es dann durch das Alte Land, das größte geschlossene Obstanbaugebiet Deutschlands, wo die voll hängenden Apfelbäume eine gute Ernte erwarten ließen, durch Jork, den Mittelpunkt des Obstanbaus im Alten Land und vorbei an den großen, reich verzierten Fachwerkhäusern, die sich die reichen Obstbauern errichten ließen nach Twielenfleth, wo wir beim Mittagessen im Alten Fährhaus einen herrlichen Blick auf die Elbe mit ihrem regen Schiffsverkehr hatten.
Stade, unsere nächste Station, wie Buxtehude eine alte Hansestadt, die sich jetzt auch wieder Hansestadt nennen darf, bot uns wieder sehr viel Sehenswertes. Sie entwickelte sich aus einem Hafen an der Schwinge, die wenige Kilometer weiter in die Elbe mündet und einer Burg der Harsefelder Grafen. Um 1150 verlieh Heinrich der Löwe Stade das Stadtrecht.1180 übergab Kaiser Barbarossa nach dem Sturz Heinrichs des Löwen die Grafschaft und Stade an das Erzbistum Bremen. Die Stadt wurde durch Hafen und Handel reich und bedeutend und war bis ins 17. Jahrhundert eine echte Konkurrenz für Hamburg. 1652-1712 war Stade Sitz der schwedischen Regierung und wurde zur Festung ausgebaut, was man noch heute im Stadtbild klar erkennen kann. An die Schwedenzeit erinnern noch das ehemalige Provianthaus, der „Schwedenspeicher“ am Hansehafen und das Zeughaus am Pferdemarkt. Die beiden großen Kirchen, St. Cosmae et Damian und St. Wilhadi, sind Blickpunkte in der Altstadt. Das Innere des großen barocken Rathauses zeigte uns in vielen Details die Bedeutung der Stadt in früherer Zeit. Nach der Erkundung der Altstadt mit ihren vielen schönen Bürgerhäusern und einer Pause in einem sonnigen Straßencafe fuhr uns Wolfgang sicher zu unserem Quartier Hotel zur Linde an der B73 bei Hemmoor. Abends bewunderten wir im Fernsehraum des Hotels, wo uns manches Bier serviert wurde, die Künste unserer Fußballkicker.
Am Freitagmorgen starteten wir nach Otterndorf. Dort war man dabei, nachdem die Ortsumgehung im Zuge der B 73 fertiggestellt worden war, die Ortsdurchfahrt fußgängerfreundlich auszubauen. Wieder waren wir erfreut über die schönen Fachwerkhäuser und beeindruckt von dem Ensemble um die Kirche, zu dem die alte Lateinschule und das ehemalige Wohnhaus von Johann Heinrich Voß, der von 1778 bis 1782 Rektor der Schule war und bekannt ist als genialer Übersetzer der Werke von Homer und anderer antiker Dichter, gehört. Ihm ist dort auch ein Denkmal gesetzt. Ein anderes Haus dieses Ensembles trug den schönen Spruch: „Lasst nur die Welt vorüberbrausen, wir wollen hier im Stillen hausen!“- ein durchaus verständlicher Wunsch des Bauherrn.
Weiter führte unsere Fahrt nach Lüdingworth, wo die Ende des 12. Jahrhunderts auf einer Wurt errichtete romanische Feldsteinkirche St.Jacobi unser Ziel war. Das Kircheninnere ist mit Skulpturen und zahlreichen Wappen der alten Bauerngeschlechter reich geschmückt und die Holzbalkendecke mit Medaillons und Ornamenten ausgemalt. Die bemerkenswerte Orgel hat den größten geschlossenen Registerbestand der Renaissance unter den deutschen Orgeln, einzigartig auf der ganzen Welt. 1682 erweiterte Arp Schnittger die Orgel. Leider konnten wir sie nicht gespielt hören. Diese herrliche alte Bauernkirche ist eine Reise wert!
Vor der Kirche erinnert eine Tafel an den 1733 hier geborenen Carsten Niebuhr. Er hatte in Göttingen Mathematik studiert. Mit vier weitern Personen war er vom dänischen König als Kartograf in eine Expedionsgruppe berufen worden, die 1761 im Auftrag des dänischen Königs eine wissenschaftliche Forschungsreise in den vorderen Orient antrat, um diesen zu erkunden. Von der Reise kehrte nur er lebend zurück. Er durchstreifte, teils unter schwierigen Verhältnissen, große Teile des Orients, stellte unzählige Messungen an und brachte nach über 7 Jahren zahlreiche brillante Karten mit, die ersten korrekten Karten des ganzen Raumes, nicht nur für die Seefahrt von großer Bedeutung.
Der letzte Punkt unserer „Kulturfahrt“ war Bad Bederkesa. Uns stand nicht der Sinn danach, die Heimstätte unseres niedersächsischen Ministerpräsidenten McAllister zu besichtigen, sondern wir sahen uns in dem niedlichen kleinen Luftkurort und Moorheilbad um und kamen dabei zur wehrhaften, gut erhaltenen Burg, heute u.a. Museum, vor der als Zeichen der Bremer Gerichtshoheit 1602 ein Abbild des Bremer Rolands errichtet wurde. Im 12. Jahrhundert wurde auf einem Hügel am Ufer des Bederkesaer Sees mit dem Bau der Burg begonnen, um 1400 kam die Burg in bremischen Besitz und wurde bis 1579 weiter ausgebaut. In Sichtweite der Burg liegt der Bederkesaer See, an dem der Hadelner Kanal entlang läuft, auf dem wir regen Bootsverkehr feststellen konnten. Ein nettes Gasthaus am See lud uns zum Mittagsmahl ein. Anschließend nahmen wir Kurs auf Bremervörde, wo wir auf dem Gelände des dortigen Ruderklubs unsere Ruderkameraden trafen, die gerade mit dem Bulli und Bootsanhänger eingetroffen waren. Die Boote wurden abgeladen und aufgeriggert, um am kommenden Morgen auf der angrenzenden Oste unsere Ruderfahrt nach Osten beginnen zu können.
Horst Knoke