Ruderwanderfahrt des R. C. G. H. auf dem Main
Vom 04. bis 06.07.2008
In Berlin hieß es von dem bekannten Kaufhaus „wer bei Wertheim kauft, bringt nichts von wert heim“. Nun, wir fuhren nach Wertheim und brachten viele Erinnerungen von erheblichem ideellen Wert heim.
Aber fangen wir vorne an: Am Donnerstag hatten fleißige Kameraden (darunter Hans Henning Siemens, der gar nicht mitrudern konnte) drei Boote transportfähig aufgeladen. Währenddessen waren die Berufsrentner Wolfgang Asche, Horst Knoke und Wolfgang Wahrenburg unter dem Label „Kulturbeflissene“ schon vorausgefahren. Das Gros (Gerhard Brüggemann, Bernd Bruns, Maximilian Meichßner, Lutz (Gerhard) Ohlendorf, Günther Brackhahn, Justus Fleige, Klaus Offeney und Heimo Faehndrich) zog am Freitag mit dem Krüger-Bus die Boote ins Frankenland. Das sind nun aber alles nicht nur Alte Herren des R. C. G. H., sondern z. T. offenbar wirklich alte Männer. Justus wurde am Donnerstag vom Vorauskommando abgeholt. War aber nach Angaben seiner Ehefrau in der Stadt, um Brötchen zu holen. Ach nein, dann doch beim Arzt. Ab sofort gehörte er nicht mehr zu den „Kulturbeflissenen“. Er fuhr dann mit dem Bus, der ihn mangels pünktlichen Erscheinens auch erst im zweiten Anlauf aufnehmen konnte. Klaus fand es im Bus schöner und ließ seine Verabredung mit den Kulturreisenden freiwillig sausen. Dafür kann er zur Abfahrt etwas zu spät. Wir warteten natürlich. Auch Lutz wäre fast nicht pünktlich gewesen, wenn wir ihn als Präsidenten nicht von der Haustür abgeholt hätten. Vor Abfahrt am Bootshaus hatten die alten Männer Druck auf der Blase, der war leicht zu beheben. Leider hatten die Reifen des Hängers keinen Druck. Aber der wurde unter abenteuerlichen Verrenkungen auf der Tankstelle in Hehlen auf Vorschrift gebracht. Nach diesen Anfangshindernissen war es nur gut, dass Maximilian – unser Jüngster! – Bus und Hänger dann zügig und sicher ins Frankenland führte. Eine Abkürzung wurde nicht genommen, denn das Navi arbeitete mit einer Frauenstimme. Und auf weibliche Einflüsterungen waren Fahrer und Beifahrer nicht zu hören bereit.
Aber 1, 2, 3 waren wir unter lustigem Geplauder in Marktheidenfeld am Ruderclub. Abgeladen, aufgeriggert, Boote hingestellt, Hänger nach Miltenberg zum dortigen Ruderclub überführt. Erledigt waren alle Pflichten. Nun konnten wir uns eine Kaffeepause in Miltenberg mit Stadtrundgang leisten. Wie gut. So lernten wir, dass es einen Ludwig Bauer gibt, der 1867/1868 das allerdings nicht so sehr bekannte Lied „Oh, Deutschland, hoch der Ehren“ gedichtet hat. Wir kamen auch zur Faust-Bühne. Nun wollten wir mit den „Kulturbeflissenen“ aber gleichziehen und das Theaterstück miterleben.
Große Enttäuschung, als sich herausstellte, dass die Bühne nichts mit Goethe, sondern nur mit der Faust-Brauerei zu tun hatte. Und lediglich abendlicher Live-Musik ein schützendes Dach bieten wollte. Kultur erlebten wir allerdings durch eine richtige süddeutsche Blaskapelle und eine extrem deutsche Provinzrede des Bürgermeisters. Nachdem er alle Honoratioren und Sponsoren begrüßt hatte, war die Rede inhaltlich am Ende. Nun nahm die Sehnsucht nach der Dusche überhand und es ging endlich ins Hotel. Da kam die große Stunde des Vorauskommandos. Die hatten nämlich eine lange Tafel im Biergarten vor dem Hotel bei schönster Abendsonne für uns besetzt gehalten und taten so auch endlich etwas Gutes für die Gemeinschaft.
Inzwischen waren die Nachzügler Heinz Bitter, Kai Götte und Rüdiger Zemlin auch eingetroffen. Und später am Abend erschien aus Wuppertal per Zug und Mietwagen auch Christian Hesse: Die Gruppe war komplett und konnte sich erleichtert dem Trunk hingeben. Wie es im Lied der Franken (Lied fahrender Schüler, Deutsches Kommersbuch Nr. 447) heißt: „Der Wald steht grün, die Jagd geht gut, schwer ist das Korn geraten; sie können auf des Maines Flut die Schiffe kaum verladen. Bald hebt sich auch das Herbsten an, die Keller harrt des Weines; der Winzer Schutzherr Kilian beschert uns etwas Feines.“ So war es denn auch. Samstagfrüh, 09.00 Uhr, Abfahrt. Warum es ein Viertelstündchen später wurde, kann aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht näher erläutert werden. Nur so viel: Auch der jüngste der Alt-Männer-Gruppe ist nicht frei von ersten Schusseligkeiten. Es war wie bei Otto Reuter und wie am Vortag schon bei der Abfahrt geprobt. Es geht nicht gleich los, sondern es heißt „ ... nun fangen wir gleich an ....“ Horst hatte am Vorabend als ehördenleiter i. R. keinen Widerspruch duldend und auch widerspruchslos die Besetzung der Boote bestimmt:
- Ratsvierer (Riemen)
- Wolfgang Wahrenburg Stm.
- Heinz
- Kai
- Christian
- Justus
- Schwalbe
- Maximilian
- Rüdiger
- Klaus
- Bernd
- Stromschnelle:
- Günther
- Horst
- Gerhard
- Heimo
- Lutz
Also los ab nach Marktheidenfeld. Und wieder das Lied der Franken: „Wohlauf die Luft geht frisch und rein, wer lange sitzt muss rosten, den allerschönsten Sonnenschein lässt uns der Himmel kosten. Jetzt reicht mir Skull und Ruderhemd der fahrenden Scholaren, wir woll’n zur guten Sommerzeit durchs Land der Franken fahren“. Und so saßen wir für das Gesäß spürbar lange und fuhren bei heißem Sommerwetter zwischen Bayern und Baden-Württemberg, zwischen Odenwald und pessart bis nach Bettingen, wo es eine sonnige Mittagspause in einem Gartenlokal gab. Beim Wiedereinsteigen halfen erwachsene und jugendliche Schwimmer, die mit großer Begeisterung unseren Kahn hielten, bis alle alten Männer einbalanciert waren. Dann ging es an unserem Hotel „Bronnbacher Hof“ in Wertheim vorbei bis zum Schutzhafen Hasloch. Da stand schon der treue Landdienstfahrer Wolfgang Asche und verfrachtete alle mit dem Bus ins Hotel. Duschen war wieder angesagt. Ein Teil der Arbeitsmannschaft von Donnerstag wurde auf dem Marktplatz mit einem Eiskaffee belohnt. Von der Burg Wertheim sahen wir dann „die Lande um den Main zu unseren Füßen liegen“. Abstieg, Abendessen, Weinlokal, Schlafenszeit. Alle zufrieden mit dem ersten Tag. Ach so, die beiden Schleusen? Kein Problem und doch ein besonderes Kapitel. Anruf beim Schleusenwärter vorab, hinein in die Schleuse Lengfurt, zusammen mit MS Insula und nach kurzer Wartezeit auch in die Schleuse Eichel. Dem genüsslich zuschauenden Schleusenwärter boten wir noch ein Schauspiel eher seltener Art. Als der Sog zu groß wurde, konnte Lutz den Enterhaken nicht mehr an der Leiter halten und ließ los. Während wir tiefer sanken, wurde der Enterhaken immer unerreichbarer. Mehrere ballettähnliche Versuche durch allerlei Kommandos und Gegenkommandos, das Boot wieder in die Nähe der Leiter zu bringen, das alles unter Zeitdruck, ergab seltsame Übungen, die schließlich Erfolg hatten. Bei einem unserer fantastischen iederannäherungsversuche konnten wir den Haken im letzten Augenblick erunterschlagen. Wie gut, dass er im Wasser schwimmt, aufgenommen, ins Boot gepackt, Übung beendet. Schleuse auf, raus und weiter. Aber: „Oh Haken, das war missgetan, dass du dich hubst von hinnen ....“
Die Schleusen sind für Europaschiffe ausgebaut und aus der Sicht eines kleinen Ruderbootes riesengroß und haushoch. Aber uns schreckt ja nichts. Und deshalb ging es, weil der Schleusenwärter pennte, am nächsten Tag mit der „Stromschnelle“ in die Sportbootschleuse „Faulbach“. Die „Schwalbe“ wollte auch noch mit hinein. Vorsichtig, wie wir sind, haben wir die erst einmal draußen gelassen. Zum Glück. Denn nachdem Lutz die Bedienungsanleitung sorgfältig geprüft hatte und den Schleusenvorgang eingeleitet hatte, stellten wir fest, dass die halbe Länge der Schleuse überhaupt gar keine war, sondern ein vielstufiger Fischpass. Auf dem hätte die „Schwalbe“ Bug voraus im Winkel von 60 Grad aufgesessen. Auch dauerte der Vorgang ungewöhnlich lange, weil für die lieben Fischlein immer reichlich Wasser nachgefüllt wurde, so dass die Schleusenkammer sich nur sehr langsam leerte. Als die „Stromschnelle“ dann endlich Unterwasser hatte, war inzwischen der Schleusenwärter aufgewacht und gab die große Schleuse für die „Schwalbe“ und den „Ratsvierer“ frei. So sahen wir uns unbeschadet unterhalb der Schleuse wieder. In Stadtpropzelten ließ uns die Motorfähre (übrigens im „Chrismon“-Heft Juli 08 ganzseitig - 3 - schön abgebildet) eine Vorfahrt, die wir nicht hatten und beinahe missachtet hätten.
Eine Ruderbarke wurde zügig überholt und schon lagen wir vor der letzten Schleuse Freudenberg. Hier nun musste Christian uns verlassen, um seinen Zug zu bekommen. Lutz, der sich im Laufe der Fahrt als Mädchen für alles erwies und bei allen Hilfsdiensten ur Stelle war, stieg in den „Ratsvierer“. Der sonst bis zum Ende der Fahrt 2:1 hätte kämpfen müssen und vermutlich im Kreis gefahren wäre. Was an den dafür ausdrücklich Main ausgeschilderten „Dreh-Wende-Punkten“ allerdings erlaubt ist. Miltenberg wurde zur späten Mittagszeit glücklich erreicht. Keine der drohenden Wolken hatte sich entladen. Abriggern, Verladen, Privat-Pkw holen, Bus bringen, Abfahren, alles verlief it kleinen Wartezeiten glücklich. Vor allem war es ein großes Glück, dass erst pünktlich ach dem Abriggern der Regen einsetzte und ein gut belaubter Baum uns trocken hielt, bis der Bus kam. Nass wurde nur Justus, der leider beim Ausheben eines Bootes unglücklich rückwärts ins seichte Wasser fiel. Sich aber zum Glück nicht verletzte.
Was sonst noch war? Klaus war am ersten Mittag Großvater von Zwillingen geworden und spendierte drei Flaschen Wein. Zahlreiche Brücken wurden nach dem Motto des Frankenliedes „hell grüßt ihr doppelter Choral den weiten Gottesgarten“ mit hallo jo jup jup jup gewürdigt. Zum Schluss machte die CSU wieder einmal Ärger. Wegen eines Frankenfestes war Miltenberg in heller Aufregung und unser vorgesehener Fahrweg gesperrt. „Beckstein kommt“ erscholl der Schreckensruf in der Altstadt. Die Aufregung teilte sich der „Stromschnelle“ mit, die in der engen Innenstadt regelrecht ausflippte und einen Pkw mitnahm. Das wurde mit der Geschädigten und der Polizei aber allseits reundlichst und kundig geregelt.
Die VGH zahlt. Maximilian holte die Verspätung durch wieder zügige, aber sehr sichere Fahrweise auf. Jetzt ohne die Frauenstimme aus ffeneys Navi nahmen wir natürlich auch die Abkürzung. Was bleibt? Der Stolz alter Männer, in zwei Tagen 29,3 + 25,5 km gerudert zu haben. Burgen, Städte, Weinberge, älder, Sommer, Sonne, glänzende Wasserwellen brennen sich dem Gedächtnis ein. Was bleibt noch? Ein Dank an das gute Organisationskomitee Gerd, Lutz und Bernd. Großer Dank auch an den zuverlässigen Landdienst Wolfgang und ganz großer Dank an unseren Fahrer Maximilian, für den es natürlich am anstrengendsten war. Aber: Für alle war es sehr schön! Und was mich und diesen Bericht hier angeht: „Du heil’ger Veit von Staffelstein verzeih’ mir Durst und Sünde ....“. Das Lied ist übrigens dem Rudertakt entsprechend „mäßig schnell“ zu singen und der Text stammt von Viktor von Scheffel.
Heimo Faehndrich