Chronik

des RCGH

Der Oberlehrer Helmer hatte eine größere Zahl von Schülern der Oberrealzweigs des Hamelner Gymnasiums so für das Rudern begeistert, dass sie (8 Primaner und 8 Sekundaner) am 16. Juni 1909 den „Ruderclub der Oberrealschule zu Hameln“ (RCOR) gründeten. Noch im gleichen Jahr wurde der Vierer „Newa“ angeschafft.

Der am 26. März 1896 am Gymnasium von dem Oberprimaner Hans Coelle als erster Fußballverein in Hameln ins Leben gerufene „FC Gymnasii Hamelensis“  (FCGH) gab das Fußballspielen Ende 1912 auf und wandte sich ab 1913 ganz dem Rudersport zu, der in den beiden Gig-Vierern „Hameln“ und „Hermann Gerdes“ betrieben wurde. Die Boote durften mangels eines eigenen Bootshauses freundlicherweise im Bootshaus des „Rudervereins Weser“ gelagert werden. So gab es schon vor dem 1. Weltkrieg in Hameln mit dem 1885 gegründeten „Ruderverein Weser“ und den beiden Schülerrudervereinen  drei Vereine, die diesem schönen Wassersport huldigten, der damals aber noch den Herren der Schöpfung vorbehalten war.


Wappen des FCGH

Wappen des RCOR


Die Mitglieder der Schülerrudervereine blieben nach dem Abitur ihren Clubs treu. Als Alte Herren schufen sie in der Zukunft die wirtschaftliche Grundlage ihrer Vereine.

Der Ausbruch des 1. Weltkrieges legte den Ruderbetrieb der Schülerrudervereine lahm, weil die Aktiven zu den Waffen gerufen wurden. Nach dem Krieg erlebte das Schülerrudern starken Aufschwung. Der FCGH konnte neben der Gaststätte „Weserlust“ im August 1920 sein erstes eigenes Bootshaus einweihen, in beiden Vereinen wurden neue Boote angeschafft, in den Ferien wurden große Wanderfahrten veranstaltet. Mit Bällen und anderen Veranstaltungen wurde das gesellschaftliche Leben der Stadt bereichert.

1919 war der „Weser-Schüler-Ruder-Verband“ (WSRV) gegründet worden, der seine Regatten sehr oft in Hameln austrug. Man fuhr auch immer öfter zu auswärtigen Regatten und erzielte beachtliche Siege. Ein Höhepunkt war 1933 der Sieg des RCOR in Berlin-Grünau, als dort der “Staatsvierer“, sozusagen die Deutsche Meisterschaft im Schülerrudern, gewonnen werden konnte. Da die Bootshäuser zwischenzeitlich zu klein geworden waren, bauten die Altherrenschaften beider Vereine am Taternloch neue, größere Bootshäuser, die im August 1931 (FCGH) bzw. im August 1933 (RCOR) eingeweiht werden konnten. Der Schüler-Rudersport in Hameln blühte!

Aber bald nach der Machtübernahme durch das Hitler-Regime kam es zu Konflikten zwischen der HJ-Führung, der selbständigen Vereine suspekt waren und den Altherren-Verbänden, die die Interessen der Vereine wahrten. Im Dezember 1935 verbot der Gebietsführer der HJ den Angehörigen der HJ die Mitgliedschaft in den Vereinen. Dadurch kam der Ruderbetrieb fast zum Erliegen. Nur in geringem Umfang konnte noch gerudert werden und es wurden nur wenige Regatten beschickt. 1937 kam dann das endgültige Aus, weil alle Schülerrudervereine aus dem Reichsbund für Leibesübungen ausscheiden mussten und damit jegliche Startberechtigung verloren. Damit starb der WSRV und die Schülerrudervereine kümmerten nur noch dahin. Die Schule bemühte sich mit der Einführung des lehrplanmäßigen Ruderunterrichts im Sommer 1939 für die Klassenstufe 5 den Ruderbetrieb wieder zu beleben. StR. Hellmuth, StR. Plumpe leiteten diese Ruderübungs-Gemeinschaft, die 1940 sogar den Vierer „Siegfried“ anschaffen konnte. Aber dadurch, dass in den letzten Kriegsjahren die älteren Schüler zum Wehrdienst einberufen wurden, kam der Ruderbetrieb völlig zum Erliegen.

Am Kriegsende und in den Monaten danach wurden ein großer Teil der Boote beschädigt oder zerstört ebenso das Inventar der Bootshäuser. Die Grundstücke mit den Bootshäusern wurden von den Engländern beschlagnahmt, die dort ihre Wasserfahrzeuge lagerten. Die traurigen Reste des Eigentums des FCGH konnten beim Kanuclub untergestellt werden, die des RCOR wurden in einer Felsgrotte neben dem Klütturm und an anderen Stellen untergebracht.

Sowohl die Aktiven als auch die Altherrenschaften wollten den Ruderbetrieb bald wieder aufnehmen. Dazu wurden aber wieder Bootshäuser gebraucht, zumindest als Notlösung, so lange die Beschlagnahme der Bootshäuser am Taternloch andauerte. Der FCGH stellte eine Nissenhütte neben der „Weserlust“ auf. Sie wurde 1955 durch ein ordentliches Bootshaus, eine Holzkonstruktion, ersetzt. Der RCOR hatte schon 1951 ein neues Bootshaus am Taternloch einweihen können. Da sich der Ruderbetrieb in diesen Jahren stark entwickelte, wurde der Bootspark in beiden Vereinen beträchtlich vergrößert.

Als Nachfolgeverband für den WSRV wurde unter Mitwirkung der Hamelner Vereine 1952 der „Norddeutsche Schüler- und Jugend-Ruder-Verband“, 1965 umbenannt in „Schüler-Ruder-Verband Niedersachsen“, gegründet. Den Vorsitz hatte jahrelang Oberstudienrat Pflüger, ein Alter Herr des RCOR, inne. Unter dem Dach des Verbandes wurden zahlreiche Regatten, auch in Hameln, durchgeführt und von den Hamelner Schülerruderern besucht und glänzende Siege eingefahren, u.a. im September 1965  in Berlin beim Bundesvergleichsrudern der Deutscher Schülerruderverbände im Riemen-Vierer. Mit diesem Sieg gewann die Mannschaft des RCOR die deutsche Schülermeisterschaft ihrer Klasse.

Für die beiden Hamelner Schülerrudervereine war der jährliche sportliche Höhepunkt das Bild-Vierer-Rennen. FCGH und RCOR schickten ihre beste Riemen-Vierer- Mannschaft an den Start. Die siegreiche Mannschaft wurde vom Direktor des Gymnasiums, das im September 1947 den Namen „Schiller-Schule bekommen hatte, beglückwünscht. Eine Plakette mit ihren Namen wurde unter einem Bild mit Schiffsmotiv, das in der Schule an einem markanten Platz hing, angebracht. Die Plaketten aus den Jahren 1956 bis 1968 sind noch vorhanden. Sie zeigen, dass in jenen Jahren der RCOR 8-mal und der FCGH 5-mal siegreich waren.

Nach langwierigen Verhandlungen gelang es den Altherrenverbänden unter maßgeblicher Mithilfe der Stadt, die Aufhebung der Beschlagnahme der Bootshäuser am Taternloch nach fast 16 Jahren zum 1. Dezember 1961 durchzusetzen. Die Häuser waren für den Ruderbetrieb unbenutzbar geworden. Es waren sehr  viel Arbeit und erhebliche Opfer der Altherrenverbände und Hilfen anderer Institutionen, u.a. der Stadt, erforderlich, um wieder ansehnliche und zweckentsprechende Bootshäuser entstehen zu lassen. Während der RCOR ein neues geräumiges Clubhaus im September 1964 einweihen konnte und das 1951 errichtete Ausweichbootshaus an die DLRG verkaufte, baute der FCGH sein zurückerhaltenes Bootshaus aus und nahm es im Oktober 1964 wieder in Betrieb.

Trotz der nun gegebenen günstigen Voraussetzungen kam es in beiden Vereinen in den Folgejahren nicht zu den erhofften zahlreichen Rudererfolgen, obwohl weiteres Bootsmaterial beschafft wurde. Die Studentenunruhen 1968 zeigten auch Auswirkungen in den Schülerrudervereinen.

Um einen neuen Aufschwung zu erreichen und aus rein wirtschaftlichen Gründen (Kosten der Unterhaltung der Bootshäuser und des Bootsmaterials sowie die gemeinsame Anschaffung neuer Boote)  wurde von den beiden Altherrenverbänden am 5. Januar 1973 der „Ruderclub der Gymnasien in Hameln e.V.“ (RCGH) gegründet, der für Schüler aller Gymnasien in Hameln offenstand. Mit diesem Schritt wurde die traditionelle Konkurrenz der beiden Schülerrudervereine am Schiller-Gymnasium seit über 60 Jahren, die auch in der Schule als gymnasialer  und oberrealer Zweig nicht mehr existierte,  endgültig begraben. Die Altherrenverbände beider Vereine blieben aus Gründen der Verbundenheit der Mitglieder und der Tradition bestehen. Sie blieben Eigentümer der Bootshaus-Grundstücke und hatten im RCGH ein Vetorecht.

Die Hoffnungen erfüllten sich stärker als erwartet. Es wurden zahlreiche und bedeutende Regattaerfolge errungen, so 1976 der Sieg bei den Landesmeisterschaften und der 4. Platz bei den Deutschen Schülermeisterschaften in Berlin. Dieser Aufschwung war weitgehend dem Protektor, Studiendirektor W. Budde zu verdanken.

Anfang der 1970er Jahre wurde auf Initiative von Fr.-W. Ellerbrock ein regelmäßiges Altherrenrudern eingeführt. Alte Herren beider Traditionsvereine finden sich seitdem einmal wöchentlich in der Rudersaison zum gemeinsamen Rudern zusammen. Außerdem unternehmen sie einmal jährlich eine Wanderfahrt mit drei oder mehr Booten. Seit 1985 wird im Winter, anfangs noch in der alten Turnhalle des Schiller-Gymnasiums, jetzt in der neuen, unter Anleitung eines Trainers Gymnastik betrieben und Volley-Ball gespielt.

Im Jahre 2000 wurde Fr.-W. Ellerbrock  wegen seiner jahrzehntelangen Verdienste als Vorsitzender des FCGH (AH) sowie als Vorsitzender bzw. stellv. Vorsitzender des RCGH zum Ehrenvorsitzenden des neuen RCGH ernannt.

Neben dem herkömmlichen Schülerrudern  wurde 1971 das Schulrudern unter Anleitung von Lehrkräften der Gymnasien, eingeführt, das regen Zuspruch fand. Die Schüler der Oberstufe konnten die Ruderkurse im Rahmen des Sportunterrichts belegen und die Zensur konnte für das Abitur im Fach Sport anrechnen lassen. Das wussten die regattaerfahrenen Aktiven des RCGH wohl zu nutzen. Die Kurse belasteten den Verein wirtschaftlich erheblich. Es konnte indessen in langen Verhandlungen  mit der Stadt als Schulträgerin erreicht werden, dass diese für die Bereitstellung des teuren Materials und der Räumlichkeiten für das Schulrudern jährlich einen Teil der Kosten erstattete.

Um die Zahl der Mitglieder zu erhalten, wurden nun auch Schüler der 5. Klasse aufgenommen. Sie müssen stärker betreut werden und können noch nicht das Vereinsleben selbständig gestalten.

Ende der 1970ger Jahre waren die ersten Schülerinnen des Schiller-Gymnasiums in den RCGH

eingetreten, die in den folgenden Jahren zunehmend die Führung der Aktivitas übernahmen. Mit Sabine Schofer wurde 1981 erstmals eine Schülerin Präside, auch auf die weiteren Posten im Präsidium wurden vielfach junge Damen gewählt.

Nach der Gründung des Albert-Einstein-Gymnasiums Anfang der 1970er Jahre fanden auch Schüler dieses Gymnasiums in den RCGH.

Ein weiterer bedeutender Schritt in der Geschichte des Hamelner Schülerruderns war der Anschluss des „Rudervereins am Oberlyzeum“ (R.V.O.) an den RCGH im Jahre 1984. Die bis dahin unter der Trägerschaft des Elternvereins des Viktoria-Luise-Gymnasiums stehende selbständige Ruderriege wurde als „Ruderriege am Viktoria-Luise-Gymnasium im RCGH“ weitergeführt. Mit diesem Anschluss waren alle drei traditionellen Schülerruderclubs unter dem gemeinsamen Dach des RCGH vereint.

Die Unterstützung durch die Schulleitungen und die Gewinnung von Lehrern als Protektoren  führten Mitte der 1980er zu einem beachtlichen Ruderbetrieb, zahlreichen Regattaerfolgen und Wanderfahrten. 1988 wurden rd. 30.000 Mannschaftskilometer gerudert. Ein gebrauchter Mercedes-Kleinbus wurde angeschafft zum Transport der Mannschaften und der Boote mit dem Bootswagen zu den Regatten oder bei den Wanderfahrten.

Die beiden Bootshäuser wurden 1988-91 umgebaut unter der architektonischen Leitung  unseres Ruderkameraden Andreas Hundertmark. Das ehemalige RCOR- Bootshaus wurde zur Bootshalle mit  angeschlossener Werkstatt und einem Fitnessraum mit Ruder-Ergometern hergerichtet und das frühere FCGH- Bootshaus zum heizbaren Clubhaus mit Clubraum, Umkleideraum und Toilette im Obergeschoss sowie großem Jugendraum, Teeküche, Umkleideräumen und Duschen im Parterre unter der Bauaufsicht von Ruderkamerad Klaus Offeney von vielen helfenden Händen der Vereinsmitglieder umgestaltet. Die Einweihung fand unter Schneeschauern am 20. April 1991 statt.

Im Zusammenhang mit dem Ausbau des Verkehrsknotens B1/ B83 „Fort Luise“ oberhalb der Bootshäuser wurden 1996 als Fortsetzung der Weserpromenade ein Fuß- und Radweg am Weserufer entlang und Parkplätze gebaut, so dass die Bootshäuser - offizielle Anschrift jetzt :  An den Bootshäusern 3 (Bootshalle) und 5 (Clubhaus)  -  nun sehr viel besser zu erreichen sind als früher.

Am 15.Juni 1996 wurde mit einem Sommerfest der Gründung des einen Traditionsvereins, des FCGH, vor 100 Jahren gedacht.

Nachdem 1973 der RCGH gegründet worden war, wurde 1997 beschlossen, auch eine rechtliche Vereinigung der beiden  Altherrenvereine mit dem RCGH vorzubereiten. Am 24.6.2000 wurde dann in einer gemeinsamen Mitgliederversammlung  die Fusion der drei Vereine FCGH (AH) e.V. , RCOR (AH) e.V. und RCGH unter dem Namen „Ruderclub RCGH Hameln, Verein zur Förderung des Schülerruderns e. V.“ beschlossen. Die Vermögen der alten Vereine wurden auf den neuen RCGH übertragen, der jetzt jedermann offensteht.

Mit der Ernennung Rüdiger Zemlins zum Ehrenvorsitzenden 2006  wurde ihm für 35 Jahre erfolgreicher Vorstandsarbeit für das Schülerrudern, davon 23 Jahre als 1. Vorsitzender, gedankt.

Im Jahre 2009 wurde mit einer Veranstaltung „ 100 Jahre Schülerrudern in Hameln“  gefeiert. Der Rückblick zeigte, dass sich immer wieder, auch in schwierigen Zeiten, Schülerinnen und Schüler für den Rudersport begeistert haben. So sollte es auch in der Zukunft sein. Die Werte, die dabei schon den jungen Menschen vermittelt werden wie das Trainieren für ein Ziel, das Kämpfen und Kräftemessen im sportlich fairen Wettstreit, die Ausdauer, das Übernehmen von Aufgaben und Pflichten, das Eingehen von Bindungen, die Kameradschaft und demokratisches Verhalten sind für die Persönlichkeitsbildung und im späteren Leben und im Beruf von großer Bedeutung.

Der RCGH wird weiterhin das Schülerrudern fördern, wie es der Zusatz seines Namens verlangt. In unserer Bootshalle liegen 28 Boote, vom Einer bis zum Achter, für das Schülerrudern bereit.

Möge das Schülerrudern in Hameln weiterhin blühen, wachsen und gedeihen!


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